31.05.25: Ruhetag. Und was macht der Camper am Ruhetag?

Richtig: Nix. Also fast nix.

Ich hock am Strand, lass mir die Sonne auf den Bauch und den Wind durch die Haare pusten und gönn mir eine Portion Seelenbaumeln. Zeit für ein Zwischenfazit – so à la „wie isses denn so, das Lettland?“

Kurzfassung: Ich bin baff. Positiv baff. Erwartet hatte ich ein Land im post-sowjetischen Kater, das sich langsam und mühsam aus der Zwangskuschelei der Planwirtschaft schält. So ein bisschen Fortschritt da, ein bisschen Sowjet-Romantik dort – inklusive starrer Blicke und grauer Betonbauten mit morbidem Charme. Man hört ja, dass im Baltikum auf Jugend und Technik gesetzt wird – dachte aber, das sei mehr Imagebroschüre als Realität.

Und dann komm ich hier an und – zack! – offen, freundlich, digital. Also so richtig digital, nicht dieses Möchtegern-Zukunfts-Gedöns, wo man das Formular zwar nicht mehr in Marmor meisselt, aber immer noch per Fax mit Durchschlag ans Amt schickt. Nee nee, hier läuft’s – mit echter App, echtem WLAN und echtem Fortschritt. Sogar die Bäume haben hier gefühlt bessere Netzabdeckung als so mancher deutsche Vorort. Die Leute? Supernett. Ganz anders als das, was ich von früher aus dem Ostblock kannte – damals war da oft so ein resignierter Blick in die Ferne, als ob man innerlich schon zehn Jahre am Schalter ansteht. Heute? Nix davon. Die Menschen wirken lebendig, interessiert, sogar ein bisschen neugierig auf Typen wie mich, die mit dem rollenden Häuschen durchs Land kurven.

Jetzt aber Butter bei die Fische: Wie isses denn für uns Campernasen hier so?

Ich hab inzwischen zwei, drei Campingplätze angefahren. Und Leute – stellt euch mal auf Abenteuer ein. Wer hier mit mitteleuropäischen Ansprüchen aufkreuzt, dem bleibt nur zwei Optionen: entweder zahlen wie ein König oder locker bleiben. Luxus gibt’s – aber der kostet. In der Regel ist hier eher „Natur pur“ angesagt.

Grauwasserentsorgung? Joa, wenn man Glück hat, lupft man irgendwo einen Gullydeckel und zirkelt millimetergenau über das Loch, damit das Ablassen des Grauwassers nicht zum Trauerspiel wird. Manchmal gibt’s einfach nix – dann heisst’s: Improvisieren oder fahren. Der Inhalt der Kassettentoilette? Wandert direkt in die Sickergrube, olfaktorische Begleiterscheinungen inklusive. Romantisch ist anders, aber hey – Vanlife ist eben nicht immer Instagram-mässig glamourös.

Aber! Jetzt kommt der Burner -im wahrsten Sinne. Lagerfeuer? Überall erlaubt.

Ja, du hast richtig gelesen. Überall. Die Einheimischen lieben’s – und wenn man nett fragt, darf man seine Bratwurst auch mal in fremder Glut brutzeln. Superpraktisch: Spart Feuerholz, Nerven und bringt dich direkt ins Gespräch mit den Locals. Meistens freundlich, neugierig – und, wenn man Glück hat, gibt’s sogar einen Schnaps obendrauf.

Memo an mich selbst: Camper gut durchlüften, alles was nach Textil aussieht waschen. Ich rieche mittlerweile wie eine Mischung aus Räucherlachs und Lagerfeuerkartoffel.